#diemachtderangst

»Habe den Mut zur Angst«. Diese Worte habe ich in der Folge „Als Imamin für Frauenrechte kämpfen – mit Seyran Ates“ (Podcast „In extremen Köpfen“) gehört. Ich musste viel über ihn nachdenken und - finde ihn großartig.

Angst verfolgt jeden von uns. Gerade in diesen Tagen begegnet sie uns mehr denn je. Mal zeigt sie sich in voller Größe, mal lauert sie subtil und hinterrücks. Schleicht sich an. Manchmal glaube ich, dass alles, was uns antreibt, seinen Ursprung in der Angst hat.

Ich unterscheide gerne zwischen der inneren und der äußeren Angst. Äußere, greifbare Ängste wie die vor Krankheit, Armut, Krieg, Gewalt oder all die verschiedensten Phobien (starke, oft unbegründete Ängste, die durch bestimmte Personen, Objekte, Räume oder Situationen ausgelöst werden). Weltweit gibt es 650 davon. Manche klingen nahezu absurd. Wie die “Alliumphobie”, das ist die Angst vor Knoblauch. Oder “Anablephobie”, das ist die Angst davor, hochzusehen. Ernstzunehmen sind sie sicherlich alle. Keiner leidet freiwillig, nicht wirklich.

Was ist mit Reichtum? Sind wir dann nicht wenigstens safe in unserer Angst, uns nicht ausreichend versorgen zu können? Gerade jetzt bei unseren steigenden Energiepreisen, mit unserer hohen Inflation. Könnte doch sein. Ja - aber ich glaube nicht daran. Ich denke, selbst wenn der materielle Besitz groß ist, kommt irgendwann die Angst all den Reichtum verlieren zu können. All den angepassten, aber hohen Lebensstandard.

Dann sind da die inneren Ängste, wie die vor Einsamkeit, die Angst nicht zu genügen, nicht geliebt und/oder gemocht zu werden, ausgeschlossen zu werden. Diese Ängste haben 1000 Gesichter und verstecken sich gerne hinter lautem Gebell.

Die Angst vorm Tod – und die Angst vorm Leben. Die Liste ist schier endlos.

Angst ist eine mächtige Waffe - manchmal denke ich, sie ist die mächtigste Waffe überhaupt. Sie schert sich nicht um ihre Berechtigung. Je mehr wir ihr entrinnen wollen, je mehr wir sie in uns verleugnen, umso penetranter legt sie ihre Hände um unseren Hals. Wir glauben, sie macht uns schwach - das flüstert sie uns geschickt ins Ohr. Jeder, der schon einmal mit Panikattacken zu tun hatte, kennt es. Dieses ohnmächtige Gefühl, den Verstand zu verlieren. Diesen Drang wegzulaufen. Dieses kurze Gefühl – das wars jetzt. Nichts ist so schlimm wie die Angst davor. Doch in dem Moment, in dem wir es schaffen, die Angst zuzulassen, wird sie weniger. Als wäre sie enttarnt worden. 

Gestatten wir uns unsere Angst. Zu ihr zu stehen, macht uns nicht klein, schwach und wertloser. Nein – zu ihr zu stehen, ist mutig. Es ist okay Angst zu haben. Habe den Mut zur Angst, und dann entsteht die Chance, sich nicht von ihr bestimmen zu lassen.

Wie siehst du das? Kennst du deine Ängste?

Die Podcastfolge ist im Übrigen sehr zu empfehlen. Seyran Ates wurde mehrfach Opfer von Gewalt, entging knapp einem Attentat und lebt seit Jahren unter Polizeischutz. Warum? Sie setzt sich für Geschlechtergleichheit und Frauenrechte ein.

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